Rotlichtverstoß durch Bus: Geschädigter haftet dennoch zu 1/5

Rotlichtverstoß durch Bus: Geschädigter haftet dennoch zu 1/5

03.10.2025

Ampel Rotlicht Verkehr

Rotlichtverstoß durch Bus: Geschädigter haftet dennoch zu 1/5

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.9.2025, Az. 10 U 213/22) verdeutlicht, dass selbst ein schwerwiegender Verkehrsverstoß des Unfallgegners nicht automatisch zu einer vollständigen Haftungsfreistellung des Geschädigten führt. Im Zentrum des Falls steht ein tragischer Verkehrsunfall, bei dem die Mutter des Fahrers tödlich verletzt wurde und dennoch musste sich dieser als Geschädigter ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Sachverhalt

Der Unfall ereignete sich an einer ampelgeregelten Kreuzung in Frankfurt-Praunheim. Der Geschädigte befuhr mit dem Auto seines Vaters eine Linksabbiegerspur, mit der Absicht, an der Kreuzung ein Wendemanöver durchzuführen. Die Ampel schaltete zu diesem Zeitpunkt von Grün auf Gelb. Der Fahrer entschloss sich dennoch, weiterzufahren. In der Mitte der Kreuzung kam es zur Kollision mit einem Linienbus, der aus entgegengesetzter Richtung kam bei bereits 22 Sekunden andauerndem Rotlicht.

Die Folgen waren schwerwiegend. Der Busfahrer hatte die Ampel übersehen oder missachtet und war zudem mit leicht erhöhter Geschwindigkeit unterwegs (gemessen wurden rund 58 km/h). Trotzdem entschied das Oberlandesgericht, dass auch dem Geschädigten eine Mitschuld an dem Unfall zukommt in Höhe von 20 %.

Die Entscheidung des OLG

Das mag auf den ersten Blick überraschen. Doch das Gericht begründete die Entscheidung detailliert. Zwar habe der Busfahrer mit seinem Rotlichtverstoß und der überhöhten Geschwindigkeit die Hauptursache für den Unfall gesetzt. Gleichzeitig habe aber auch der Geschädigte gegen Verkehrsregeln verstoßen.

Zum einen sei er bei Gelb in den Kreuzungsbereich eingefahren, obwohl sich ein rechtzeitiges Anhalten noch hätte realisieren lassen. Zum anderen sei nicht von einem normalen Linksabbiegen auszugehen gewesen. Vielmehr habe der Fahrer ein Wendemanöver beabsichtigt, das länger dauert und riskanter ist.

Aufgrund der geringeren Geschwindigkeit beim Wenden habe sich das Fahrzeug ungewöhnlich lange, ca. 9 Sekunden, im Kreuzungsbereich aufgehalten. Ein typischer Linksabbiegevorgang dauert dagegen meist nur etwa 4 bis 4,5 Sekunden. Zudem stellte das Gericht fest, dass der Bus für den Geschädigten sichtbar gewesen sei und dieser durch ein rechtzeitiges Bremsen den Zusammenstoß womöglich hätte verhindern können.

Rechtsgrundlage

Die rechtliche Grundlage für die Entscheidung bildet § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB. Demnach wird die Haftung des Unfallverursachers anteilig gemindert, wenn der Geschädigte durch eigenes Verhalten zur Entstehung oder zum Umfang des Schadens beigetragen hat.

Die Haftungsverteilung erfolgt dabei nach einer Abwägung der Verursachungsbeiträge beider Seiten. Die Vorschriften beruhen auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung des Schadenersatzanspruchs hinnehmen muss.

Im konkreten Fall fiel diese Abwägung so aus, dass der Busfahrer für 80 % des Schadens haftet, der Geschädigte jedoch ein Fünftel des Schadens selbst tragen muss. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt exemplarisch, dass im Straßenverkehr nicht nur Regelverstöße anderer gefährlich sein können, sondern auch das eigene Verhalten sorgfältig abgewogen werden muss.

Wer bei Gelb fährt, ein riskantes Wendemanöver einleitet oder sich länger als nötig in einem Kreuzungsbereich aufhält, kann unter Umständen mithaften, auch wenn der eigentliche Unfallgegner noch schwerere Fehler begeht.

Für die Praxis bedeutet das: Gelblicht ist kein Freifahrtschein. Wer bei Gelb weiterfährt, obwohl ein sicheres Anhalten noch möglich gewesen wäre, verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung. Wenden sollte, wenn überhaupt, nur dort erfolgen, wo es eindeutig erlaubt ist. Und auch wenn man sich subjektiv im Recht fühlt, bleibt objektiv oft ein gewisses Mitverschulden bestehen, das sich rechtlich und finanziell auswirken kann.

Benötigen Sie rechtliche Unterstützung nach einem Verkehrsunfall?

Unfälle mit komplexer Haftungsverteilung erfordern fundiertes juristisches Fachwissen. Wenn Sie Fragen zu Ihrem individuellen Fall haben oder professionelle Hilfe bei Schadensersatz- und Haftungsfragen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Wir begleiten Sie kompetent und engagiert durch den gesamten Prozess von der Schadenregulierung bis zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche.

Kontaktieren Sie uns gerne. Wir kämpfen für Ihr Recht!

Rotlichtverstoß durch Bus: Geschädigter haftet dennoch zu 1/5

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.9.2025, Az. 10 U 213/22) verdeutlicht, dass selbst ein schwerwiegender Verkehrsverstoß des Unfallgegners nicht automatisch zu einer vollständigen Haftungsfreistellung des Geschädigten führt. Im Zentrum des Falls steht ein tragischer Verkehrsunfall, bei dem die Mutter des Fahrers tödlich verletzt wurde und dennoch musste sich dieser als Geschädigter ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Sachverhalt

Der Unfall ereignete sich an einer ampelgeregelten Kreuzung in Frankfurt-Praunheim. Der Geschädigte befuhr mit dem Auto seines Vaters eine Linksabbiegerspur, mit der Absicht, an der Kreuzung ein Wendemanöver durchzuführen. Die Ampel schaltete zu diesem Zeitpunkt von Grün auf Gelb. Der Fahrer entschloss sich dennoch, weiterzufahren. In der Mitte der Kreuzung kam es zur Kollision mit einem Linienbus, der aus entgegengesetzter Richtung kam bei bereits 22 Sekunden andauerndem Rotlicht.

Die Folgen waren schwerwiegend. Der Busfahrer hatte die Ampel übersehen oder missachtet und war zudem mit leicht erhöhter Geschwindigkeit unterwegs (gemessen wurden rund 58 km/h). Trotzdem entschied das Oberlandesgericht, dass auch dem Geschädigten eine Mitschuld an dem Unfall zukommt in Höhe von 20 %.

Die Entscheidung des OLG

Das mag auf den ersten Blick überraschen. Doch das Gericht begründete die Entscheidung detailliert. Zwar habe der Busfahrer mit seinem Rotlichtverstoß und der überhöhten Geschwindigkeit die Hauptursache für den Unfall gesetzt. Gleichzeitig habe aber auch der Geschädigte gegen Verkehrsregeln verstoßen.

Zum einen sei er bei Gelb in den Kreuzungsbereich eingefahren, obwohl sich ein rechtzeitiges Anhalten noch hätte realisieren lassen. Zum anderen sei nicht von einem normalen Linksabbiegen auszugehen gewesen. Vielmehr habe der Fahrer ein Wendemanöver beabsichtigt, das länger dauert und riskanter ist.

Aufgrund der geringeren Geschwindigkeit beim Wenden habe sich das Fahrzeug ungewöhnlich lange, ca. 9 Sekunden, im Kreuzungsbereich aufgehalten. Ein typischer Linksabbiegevorgang dauert dagegen meist nur etwa 4 bis 4,5 Sekunden. Zudem stellte das Gericht fest, dass der Bus für den Geschädigten sichtbar gewesen sei und dieser durch ein rechtzeitiges Bremsen den Zusammenstoß womöglich hätte verhindern können.

Rechtsgrundlage

Die rechtliche Grundlage für die Entscheidung bildet § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB. Demnach wird die Haftung des Unfallverursachers anteilig gemindert, wenn der Geschädigte durch eigenes Verhalten zur Entstehung oder zum Umfang des Schadens beigetragen hat.

Die Haftungsverteilung erfolgt dabei nach einer Abwägung der Verursachungsbeiträge beider Seiten. Die Vorschriften beruhen auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung des Schadenersatzanspruchs hinnehmen muss.

Im konkreten Fall fiel diese Abwägung so aus, dass der Busfahrer für 80 % des Schadens haftet, der Geschädigte jedoch ein Fünftel des Schadens selbst tragen muss. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Bedeutung für die Praxis

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